9. Juni 2021

Oscars 2021: Promising Young Woman

Noa Jansen

I was busy thinking ‘bout boys sind die gesungenen Zeilen der ersten Szenen in Promising Young Woman, in der eine Gruppe tanzender Männer gezeigt wird, während die Kamera befremdlich lange auf den Genitalbereich dieser fokussiert.


Ich höre mich selbst lachen und bemerke, wenn diese Szene Frauen statt Männern zeigen würde, hätte ich den Eindruck ein Musikvideo zu sehen – oder irgendeinen Actionfilm. An den Anblick wurden wir lange genug gewöhnt.

Wer das Musikvideo von Charli XCX’s Song Boys kennt, der hier eingesetzt wird, weiß, dass sie dort Männer in Situationen filmt, die wir ansonsten von Frauen kennen – wie sie lasziv ihre Finger lecken, Kissenschlachten veranstalten, Autos waschen oder mit Hundewelpen spielen. Charli XCX wollte damit die Sehgewohnheiten aufbrechen – und genau das tut Emerald Fennell in ihrem Regiedebüt Promising Young Woman!

Der Film zeigt einen Missbrauchs-Rachefeldzug. Aber hier ist es nicht der Partner oder Vater, der die Vergewaltigung seiner vermeintlich hilflosen Partnerin oder Tochter rächen will – nein, hier es ist eine Frau, eine Freundin, die sich selbst ermächtigt. Und sich nicht etwa nur an einem Mann, sondern an allen Männern rächen will.


Cassie (Carey Mulligan) ist in diesem Sinne tatsächlich pretty busy thinking ‘bout boys… wenn sie sich am Wochenende in Clubs herumtreibt und vorgibt sturzbetrunken zu sein, um von einem der „netten Jungs“ nach Hause gebracht zu werden – und letzten Endes immer wieder bei eben diesen Männern auf der Couch landet und ihnen dann nüchtern und fast fordernd die Frage stellt „Was machst du da?“, während die Männer versuchen ihr Höschen auszuziehen.

Emerald Fennell spielt dabei außerdem wundervoll mit den Sehgewohnheiten der verschiedenen Genres und schafft so einen Hybrid aus Drama, RomCom und Thriller. Nicht nur die quietschbunte, girly und glossy Fassade kontrastiert die eigentlich so unbequeme Atmosphäre (der Ekel kann dir Schauer über den Körper jagen), auch Carey Mulligan spielt die nach außen hin so kaltblütig oder abgestumpft erscheinende Cassie mit so viel Sensibilität und Zerbrechlichkeit, die der Figur die nötige Tiefe gibt, um nicht auf ihren Rachefeldzug komprimiert zu werden.

Promising Young Woman ist ein Film, der den Zeitgeist trifft und ein Portrait der systemischen Diskriminierung, der Tabus und des männlichen Privilegs malt. Und auch wenn Emerald Fennell hier durchaus Lösungen anbietet, besticht der Film vor allem durch seine Fragen und das Offen-Stehen-Lassen - und lädt damit zum Austauschen und Diskutieren ein.

Wir freuen uns schon auf die Gespräche mit euch bei uns im Studio Kino!

(Der genaue Termin zum Start ist leider noch nicht bekannt)